Abschlussbericht des Projektes "Gewalt am bischöflichen Internat Albertinum Gerolstein - Aufarbeitung mit und für Betroffene"

Abschlussbericht zum Download

Hier finden Sie den 137-seitigen Abschlussbericht des unabhängigen Aufarbeitungsprojektes zum Download als PDF-Datei (auch mit Klick auf das Vorschaubild).

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Gewalt am Albertinum Gerolstein: Abschlussbericht ist veröffentlicht

Traumatische Erlebnisse belasten bis heute

Trier/Gerolstein – Körperliche, sexuelle und psychische Gewalt, ausgeübt von den drei Direktoren Karl Pfeiffer, Georg Jutz und Erwin Puhl, aber auch von ihren Mitarbeitern, waren für viele Schüler des ehemaligen Bischöflichen Internats „Albertinum“ in Gerolstein zwischen 1946 bis zur Schließung des Hauses 1983 an der Tagesordnung. Diese traumatischen Kindheitserlebnisse haben für viele der Betroffenen bis heute nachhaltige Beeinträchtigungen zur Folge: psychisch belastende Erinnerungen, psychosomatische Folgen oder negative Auswirkungen auf das eigene Körpergefühl und die Sexualität sind nur einige davon. Zu diesem Ergebnis kommt der Abschlussbericht des Aufarbeitungsprojektes, den die Projektleiterinnen Professorin Claudia Bundschuh und Dr. Bettina Janssen am 11. Februar vor Betroffenen und in der Öffentlichkeit vorstellten.

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    Der 137 Seiten umfassende Bericht stellt die Schilderungen von 54 ehemaligen Schülern in den Mittelpunkt und zeichnet, auch durch einen Blick in die Geschichte des Hauses und das damalige Umfeld insgesamt, ein deutliches Bild von den Gewalterfahrungen der Jungen. „Wir erfahren hier von körperlicher Gewalt, die ganz überwiegend als Misshandlung von Kindern einzustufen ist“, erläuterte Projektleiterin Bundschuh. „Von allen drei Leitern des Internats, die Priester waren, sowie einem weltlichen Mitarbeiter, wurde auch sexualisierte Gewalt verübt. Und auch psychische Gewalt war für viele an der Tagesordnung - daran lassen die Schilderungen kein Zweifel.“ Auch zwischen den Schülern sei es zu Gewalt gekommen, berichtete Bundschuh.

    „Klassisches geschlossenes System“

    Der Abschlussbericht ordnet die Gewalterfahrungen ein: Gesellschaftlich und historisch, aber auch soziologisch: „Beim Albertinum können wir von einem klassischen geschlossenen System sprechen“, charakterisierte Bundschuh. Manchen Schülern sei nicht geglaubt worden, wenn sie zuhause von Schlägen berichtet hätten, andere hätten hören müssen, sie hätten es dann sicher auch verdient. „Von der sexuellen Gewalt durch die Priester konnte ohnehin kaum jemand zu sprechen, die Betroffenen konnten aufgrund der Tabuisierung von Sexualität und sexuellem Kindesmissbrauch gar nicht einordnen, was ihnen passiert und wussten, dass sie als Lügner bezichtigt und massiv bestraft werden würden bei Offenlegung ihrer Gewalterfahrungen.“

    Projektleiterin Janssen hat unter anderem auch die vorhandenen Akten analysiert, zu denen das Bistum Trier als Auftraggeberin uneingeschränkten Zugang gewährt hatte. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Bistum als Trägerin dem Internat keine hohe Aufmerksamkeit geschenkt hat: „Weder wurden besondere fachliche Kriterien bei der Auswahl der priesterlichen Leiter oder des Personals angelegt noch gab es bei durchaus vorhandenen Überlastungsanzeigen Abhilfe.“ Dass Verantwortliche aus dem Bischöflichen Generalvikariat das Internat besucht hätten, sei eine seltene Ausnahme gewesen. „Es gibt hauptsächlich schriftliche Kommunikation zu finanziellen Angelegenheiten und später auch über die unzureichende Personalsituation, mehr aber nicht“, bescheinigte Janssen den heute Verantwortlichen. „Und so waren die Beschäftigten dort in ihrem geschlossenen System vom Bistum weitestgehend unbeaufsichtigt und vor einer kritischen Auseinandersetzung mit ihrer gewaltbehafteten Praxis geschützt.“

    Ehemalige Schüler erwarten ehrliche Anerkennung ihres Leids

    Das Aufarbeitungsprojekt, das bereits im Oktober 2019 vor der Vereinbarung der Bistümer mit dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs gestartet war, entspricht den Kriterien einer unabhängigen Aufarbeitung. Denn das wichtigste Kriterium danach ist die Mitarbeit von Betroffenen. Und so arbeiteten im Lenkungsausschuss mit Werner Schenk, Rainer Reimold und Karl-Heinz Prinz auch drei Betroffene mit, je einer aus der Amtszeit der drei Direktoren. Schenk betonte, durch das Projekt seien „viele Geschehnisse und Wahrheiten“ ans Licht gekommen. „Es war wichtig, mit den Betroffenen über diese Zeit zu reden, denn ich spürte, dass der Bedarf nach einem Gespräch mit der Projektleitung sehr groß war. Gespannt bin ich auch auf die Konsequenzen, welche die Betroffenen betreffen.“ Daher finden sich im Abschlussbericht auch Wünsche und Erwartungen der ehemaligen Schüler: Neben der Konfrontation und Bestrafung der Beschuldigten, die nicht mehr möglich ist, weil diese verstorben sind, erwarten sie vor allem eine ehrliche Anerkennung ihres Leids und eine authentische Entschuldigung der heute Verantwortlichen. Sie fordern, die unterschiedliche Bewertung der Gewaltformen zu beenden und hoffen durch ihr öffentliches Zeugnis auf eine Sensibilisierung der Bevölkerung für die Gewalterfahrungen.

    Lothar Schömann stellte die Empfehlungen des Lenkungsausschusses an das Bistum vor. Neben einem „Betroffenenblick“, wenn es um die Verfahrensdauer bei der Bearbeitung von Missbrauchsfällen gehe, brauche es eine „vorbehaltlose Hinwendung zu den Betroffenen ideell und materiell“. Es dürfe nicht länger um den Schutz der Institution gehen, die Verantwortlichen für die konkreten Taten müssten ebenso benannt werden wie die Verantwortung des Trägers. Schömann betonte auch, dass die vorliegenden Schutzkonzepte nicht nur „als Hochglanzbroschüren“ daherkommen dürften, sondern achtsam und wertschätzend gegenüber jungen Menschen gelebt werden müssten.

    Bischof Ackermann bittet um Verzeihung

    Der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann sagte gegenüber den ehemaligen Internatsschülern, es sei richtig und wichtig, dass diese dunkle Seite des Albertinums nun öffentlich sei und die Täter beim Namen genannt würden. „Ich bitte Sie in meiner Verantwortung als der amtierende Bischof von Trier ausdrücklich um Verzeihung für das, was Ihnen an Schmerz in einer Institution des Bistums zugefügt worden ist.“ Es beschäme ihn, dass Kindern und Jugendlichen dies widerfahren sei „in einer Einrichtung des Bistums, die dazu gedacht war, Kindern und Jugendlichen einen Ort zu bieten, der sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und ihnen gute Chancen für ihre Zukunft öffnen sollte“. Stattdessen hätten Schüler das Gegenteil erlebt. „Dabei traf es vor allem – auch das zeigt der Bericht – die besonders Verletzlichen unter ihnen.“

    Überprüfung und Unterstützung

    Besonders alarmierend und für die Zukunft wichtig aus institutioneller Sicht sei die Tatsache, dass „sich die Geschichte dieses Hauses faktisch von seinem Anfang bis kurz vor Schließung zeigt als eine ununterbrochene Geschichte verschiedener Formen von Gewalt“. Zudem könne man am Beispiel des Albertinums sehen, „dass und wie Bistumsverantwortliche sich auch dann schuldig machen, selbst wenn sie nicht aktiv vertuschen, sondern in der Führung von Bistumseinrichtungen nachlässig sind“. Er sagte den ehemaligen Schülern wie dem Lenkungsausschuss zu, den Bericht an die bischöfliche Behörde weiterzuleiten mit dem Auftrag zu überprüfen, ob und wo heute möglicherweise vergleichbare Lücken bestehen in Bereichen, „in denen wir die Aufsicht wahrzunehmen haben, um diese dann so weiterzuentwickeln, dass sie dem Dienst am Wohl der uns anvertrauten Menschen entsprechen kann“. Gerne stehe er unterstützend zur Seite, wenn Betroffene sich vernetzen wollten. Die Unterstützungsangebote und Informationen rund um das Themenfeld Kinder- und Jugendschutz sollen mithilfe des Betroffenenbeirats im Bistum überprüft werden. Und nicht zuletzt griff Ackermann die Forderung nach einer materiellen Anerkennung der erlittenen Gewalt auf: „Hierzu würde ich gerne mit Vertretern der Betroffenen selbst ins Gespräch kommen, um darüber nachzudenken, wie eine angemessene Lösung diesbezüglich aussehen könnte. Der Bericht hält ja fest, dass das Albertinum typische Merkmale eines sogenannten geschlossenen sozialen Systems aufwies. Insofern scheint mir hier eine einrichtungsspezifische Lösung angemessen, die nicht nur die sexualisierte Gewalt berücksichtigt.“

    [Der Abschlussbericht des Projektes „Gewalt am bischöflichen Internat Albertinum Gerolstein – Aufarbeitung mit und für Betroffene“ sowie die Stellungnahme von Bischof Ackermann im Wortlaut sind unter albertinum-gerolstein.de [das ist diese Internetpräsenz] verfügbar.]

    (JR - Pressemeldung der Bischöflichen Pressestelle Trier, 11. Februar 2022)


„Gewalt am bischöflichen Internat Albertinum Gerolstein - Aufarbeitung mit und für Betroffene“

Statement von Bischof Dr. Stephan Ackermann

Wir dokumentieren den Wortlaut des Statements von Bischof Dr. Stephan Ackermann zur Vorstellung des Abschlussberichts "Gewalt am bischöflichen Internat Albertinum Gerolstein - Aufarbeitung mit und für Betroffene" am 11. Februar 2022 in Trier:

  • Statement von Bischof Dr. Stephan Ackermann (11. Februar 2022)

    Ich möchte mein Statement mit einem ausdrücklichen Dank beginnen:
    An erster Stelle danke ich den ehemaligen Internatsschülern des Albertinums, die dieses Projekt ermöglicht haben, indem sie sich in den vergangenen Jahren beim Bistum oder in der Öffentlichkeit gemeldet haben, um von ihrer Gewalterfahrung im Albertinum Gerolstein zu berichten. In ganz besonderer Weise danke ich den Ehemaligen, die bereit waren, sogar im Lenkungsausschuss des Projekts mitzuarbeiten. Aus der Begegnung, die wir vor kurzem bei einer Sitzung des Ausschusses hatten, habe ich wahrgenommen, dass Ihnen die Mitwirkung ein Anliegen war, das Sie aber auch viel Kraft gekostet hat. Dafür meinen hohen Respekt und meinen Dank.

    Des Weiteren danke ich Frau Professorin Bundschuh und Frau Dr. Janssen als Projektleitung für die Bereitschaft, dieses Projekt durchzuführen. Schließlich danke ich allen Mitgliedern des Lenkungsausschusses dafür, dass Sie seit Herbst 2019 dieses Aufarbeitungsprojekt mit Ihrer Expertise begleitet und unterstützt haben. Dabei war nach meinem Eindruck gerade die Verschiedenheit der Perspektiven, die Sie eingebracht haben, wichtig und hilfreich.

    Das Projekt wurde von mir beauftragt, bevor wir die Gemeinsame Erklärung mit dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung zu gemeinsamen Kriterien und Standards für Aufarbeitungsprozesse unterzeichnet haben. Ich meine aber, dass dieses Projekt ganz wesentlich diesen Kriterien einer unabhängigen Aufarbeitung mit der Beteiligung von Betroffenen entspricht und insofern auch ein wichtiger Baustein im Prozess der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Trier insgesamt ist.

    Ich habe den Abschlussbericht sehr aufmerksam gelesen und möchte in meinem Statement darauf reagieren. Zunächst einige persönliche Eindrücke:
    Auch wenn ich durch den Kontakt mit Betroffenen des Albertinums und deren Schilderungen schon auf manches innerlich vorbereitet war, so hat mich die Lektüre des Berichts, gerade auch durch die sehr persönliche Schilderung der verschiedenen Gewalterfahrungen neu schmerzlich berührt. Sie hat mich geschmerzt, weil ich mir beim Lesen mehr als einmal vorgestellt habe, wie ich wohl als Kind oder Jugendlicher diese oder jene Situation erlebt hätte. Dabei denke ich an die Situationen der sexualisierten Gewalt, aber auch an die geschilderten Situationen von körperlicher Gewalt an Schülern vor ihren Mitschülern. Was für eine entsetzliche Bloßstellung und Demütigung! Was für eine Erfahrung von Ausgeliefertsein, Ohnmacht und Einsamkeit in diesem Alter! Die Schilderungen tun jedem weh, der versucht, sich nur ein bisschen in diese Situationen der Kinder einzufühlen.

    Und dann beschämt es mich und es macht mich unglaublich traurig, dass Kindern und Jugendlichen dies widerfahren ist in einer Einrichtung des Bistums, die dazu gedacht war, Kindern und Jugendlichen einen Ort zu bieten, der sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und ihnen gute Chancen für ihre Zukunft öffnen sollte. Stattdessen mussten Schüler das Gegenteil erleben. Dabei traf es vor allem – auch das zeigt der Bericht – die besonders Verletzlichen unter ihnen.

    Dies bestärkt meine Entschlossenheit, dafür Sorge zu tragen, dass aus dieser Situation gelernt und Folgerungen für die Zukunft gezogen werden. Insofern ist es nicht mehr als richtig und wichtig, dass diese dunkle Seite der Geschichte des Albertinums nun endlich öffentlich gemacht ist und die Täter, insbesondere in der Leitung des Internats, namentlich benannt sind.

    Der letzte Direktor ist bereits im Jahr 2007 verstorben. Deshalb verstehe ich, wenn von Betroffenen gesagt wird, dass dieser Prozess der Aufklärung zu spät kommt. Keiner der Täter kann mehr zu Lebzeiten konfrontiert, zur Verantwortung gezogen und bestraft werden. Aber die Aufarbeitung verändert die Art und Weise, wie man sich an sie erinnert und wie ihr Wirken eingeschätzt wird.

    Zwei Lehren aus der Geschichte des Albertinums sind aus institutioneller Sicht alarmierend und für die Zukunft wichtig: Das ist zum einen die Tatsache, dass sich die Geschichte dieses Hauses faktisch von seinem Anfang bis kurz vor Schließung zeigt als eine ununterbrochene Geschichte verschiedener Formen von Gewalt, insofern sich alle drei priesterlichen Direktoren physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt schuldig gemacht haben.

    Das Zweite betrifft die in dieser Zeit amtierenden Bischöfe zusammen mit denjenigen, die auf der Bistumsebene Verantwortung getragen haben: Der Bericht lässt keinen Zweifel, dass das Albertinum in Gerolstein ein vom Bistum stiefmütterlich behandeltes Haus, eine vernachlässigte Einrichtung, ein bischöfliches Konvikt „zweiter Klasse“ gewesen ist. Es hat bistumsseitig sowohl an wirksamer Aufsicht als auch an notwendigem Engagement für das Haus gefehlt. Am Beispiel des Albertinums kann man sehen, dass und wie Bistumsverantwortliche sich auch dann schuldig machen, selbst wenn sie nicht aktiv vertuschen, sondern in der Führung von Bistumseinrichtungen nachlässig sind.

    Verehrte, liebe Ehemalige, die Sie während Ihrer Zeit im Albertinum Gewalt erleiden mussten: Ich kann das Ihnen zugefügte Unrecht nicht wiedergutmachen. Aber ich bitte Sie in meiner Verantwortung als der amtierende Bischof von Trier ausdrücklich um Verzeihung für das, was Ihnen an Schmerz in einer Institution des Bistums zugefügt worden ist. Und ich sage Ihnen noch einmal meinen aufrichtigen Dank dafür, dass Sie überhaupt bereit waren, mit dem Bistum in Kontakt zu treten und uns sogar zu helfen, uns unserer Geschichte zu stellen und daran mitzuarbeiten, dass Missbrauch in seinen verschiedenen Formen heute und in Zukunft möglichst wirksam verhindert wird.

    Was sind die Folgerungen, die ich in einer ersten Reaktion ziehe aus den Erwartungen, die Sie geäußert haben, und aus den Empfehlungen, die der Lenkungsausschuss dem Bistum gibt?

    Manche Wünsche, die zu Beginn oder im Verlauf des Projekts geäußert wurden, scheinen mir mit der Vorstellung des Projektberichts erfüllt. Der Bericht lässt die ehemaligen Schüler zu Wort kommen und zeigt auf, was passiert ist, wer Verantwortung hatte und wie die Zusammenhänge von Akteuren und Faktoren waren. Der Bericht weist auch darauf hin, dass „der zentrale Erfolg der gesellschaftlichen Diskussion über Gewalt in Institutionen und der bisherigen Aufarbeitung [darin besteht], dass gravierende gesellschaftliche Veränderungen stattgefunden haben, die eine solch gewaltförmige institutionelle Lebensrealität wie im ehemaligen Internat Albertinum Gerolstein heute nahezu unmöglich machen. Institutionen mit Kindern und Jugendlichen als Zielgruppe sind heutzutage gesetzlich verpflichtet, den Schutz von jungen Menschen vor Gewalt und Vernachlässigung nach klar definierten Verfahren bestmöglich sicher zu stellen.“ Darüber hinaus seien „seit der Jahrtausendwende eine Reihe von Vorschriften überarbeitet und ergänzt worden, um das fachliche Problembewusstsein zu schärfen und den Schutz von Kindern und Jugendlichen flächendeckend zu verbessern. Auch im Strafgesetz hat es eine Mehrzahl von Novellierungen gegeben, um die gesellschaftliche Ächtung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu fördern.“ (vgl. Bericht S. 131f)

    Für das Bistum stellt der Bericht fest, dass „einrichtungsspezifische Maßnahmen zur Prävention und Intervention entwickelt und als Praxisbausteine implementiert“ wurden. Hier sei auch unsere Fachstelle Kinder- und Jugendschutz genannt, die bereits im Jahr 2012 eingerichtet wurde. Sie sichtet und vermittelt unter anderem das notwendige Fachwissen in diesem Themenfeld, überprüft die Einführung institutioneller Schutzkonzepte und hilft auch bei deren Erstellung. Darüber hinaus ist sie für die Schulung der Fachkräfte verantwortlich. Das Internetportal der Fachstelle bietet vielfältige Informationen und hat sogar eine eigene Kinderseite mit kindgerechten Erklärungen über Kinderrechte, Formen der Gewalt und Hilfeangebote (vgl. Bericht S. 132).

    Dennoch werde ich den Bericht auch der bischöflichen Behörde zuleiten mit dem Auftrag zu überprüfen, ob und wo heute möglicherweise vergleichbare Lücken bestehen in Bereichen, in denen wir Aufsicht wahrzunehmen haben, um diese dann so weiterzuentwickeln, dass sie dem Dienst am Wohl der uns anvertrauten Menschen entsprechen kann.

    Ich will darüber hinaus für jetzt drei Anregungen exemplarisch herausgreifen, an denen wir aus meiner Sicht nun gut ansetzen können und weiterarbeiten müssen:

    Unter den Wünschen, die von Betroffenenseite geäußert wurden, findet sich der Hinweis zu einem Austausch mit anderen Ehemaligen bzw. Betroffenen aus der Zeit des Albertinums. Wenn das Bistum hierzu Unterstützung geben sollte, etwa bei der Organisation, bin ich dazu sehr gerne bereit.

    Darüber hinaus empfiehlt der Lenkungsausschuss, „verständlich über konkrete Hilfeangebote zu informieren und diese Informationen niedrigschwellig abrufbar zugänglich zu machen.“ Diese „Angebote sollten für alle ehemaligen Betroffenen von körperlicher, psychischer und/ oder sexueller Gewalt gelten, die heute Unterstützung bei der Bearbeitung der wiederkehrenden, belastenden Erinnerungen und der Folgen der Gewalterfahrungen wünschen“ (vgl. S. 130). Gerne werden wir daraufhin noch einmal unsere Unterstützungsangebote und die Informationen dazu überprüfen und dazu auch die Expertise unseres Betroffenenbeirats in Anspruch nehmen.

    Schließlich wird auch das Thema der materiellen Anerkennung der erlittenen Gewalt angesprochen: Hierzu würde ich gerne mit Vertretern der Betroffenen selbst ins Gespräch kommen, wie eine angemessene Lösung diesbezüglich aussehen könnte. Der Bericht hält ja fest, dass das Albertinum typische Merkmale eines sogenannten geschlossenen sozialen Systems aufwies (vgl. S. 92). Insofern scheint mir hier eine einrichtungsspezifische Lösung angemessen, die nicht nur die sexualisierte Gewalt berücksichtigt.
    So wie ich mit dem Dank begonnen habe, möchte ich auch mit einem Wort des Dankes enden: Dank an alle, die heute diese Veranstaltung möglich gemacht haben; Dank an die, die an der Veranstaltung am Nachmittag teilgenommen und sich eingebracht haben. Und schon jetzt ein Dank an alle, die sich mit den Ergebnissen dieses Aufarbeitungsprojektes auseinander setzen.

    Dr. Stephan Ackermann
    Bischof von Trier

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